September ist Erntezeit, selbst im Naturgarten. Bei uns sind gerade die Zwetschgen reif, deshalb verbringe ich jede "freie" Minute mit den 4 E's:
Ernten, Entsteinen, Einkochen, Einfrieren.
Und dem K: Kuchen backen.
Denn in diesem Jahr haben wir das erste Mal erntetaugliche Zwetschgen an unseren diversen Bäumen hängen. Das war in den drei Septembern davor nicht der Fall.
Zwar blühten die Bäume im Frühling immer reichlich, aber nahezu jede Frucht schien vom Wurm befallen zu sein. Noch weit vor der Zwetschgenreife, die sich bei unseren Bäumen zwischen Anfang und Mitte September befindet, lag ein Großteil der Früchte schon auf dem Boden. Exemplare, die noch hingen, hatten fast alle Monilia-Fruchtfäule. Trotzdem machten sich die Stare darüber her. Oder der Steinmarder, der, angeschäkert durch die vergorenen, promillehaltigen Leckerbissen, selbst tagsüber im Zwetschgenbaum rumhing.
Ehrlich gesagt bin ich davon ausgegangen, dass wir von unseren Zwetschgenbäumen (allesamt alt, krank und krüppelig) nie etwas ernten werden. Aber ausgerechnet nach diesem kalten Frühjahr und dem knochentrockenen Sommer sind richtig gute Früchte herangereift.
Aber von ihnen haben immer noch etliche entweder Maden oder Monilia. Oder beides. Aber jetzt, wo ich weiß, dass es möglich ist, möchte ich auch gerne in den Folgejahren etwas ernten.
Soll ich also rigoros alle wurmstichigen und verpilzten Zwetschgen in die Biotonne schmeißen? So wie es überall empfohlen wird?
Oder geht es auch anders?
Die Antwort lautet ganz klar: Ja und nein! Wir haben es hier schließlich mit zwei verschiedenen Befallsarten zu tun. Zum einen mit dem Befall des Pflaumenwicklers und zum anderen mit einer Infektion des Monilia-Pilzes.
Zwei unterschiedliche Dinge, die aber oft zusammenhängen.
Aber der Reihe nach.
WAS GENAU IST EIN PFLAUMENWICKLER?
Er ist ein Schmetterling! Aber leider einer von denen, die niemand mag. Er ist klein, grau und nachtaktiv. Und von Grund auf böse. Sonst würde er schließlich nicht unsere Pflaumen und Zwetschgen von innen in einen matschigen Kotbrei verwandeln.
Nein, mal ganz im Ernst. Böse ist er natürlich nicht. Nur dummerweise eine Naschkatze, die uns meistens zuvorkommt. Eigentlich sind für den Pflaumenwickler WIR die Schädlinge, wenn wir ihn einfach mitsamt seinem gemütlichen Zwetschgenhaus in die Biotonne befördern. Aber im Gegensatz zu ihm verhalten wir uns dabei wirklich böse, vorsätzlich böse, wenn wir versuchen, die gesamte Pflaumenwicklerpopulation auszulöschen. Nur damit wir jede einzelne Zwetschge ernten können.
DER PFLAUMENWICKLER AUS NATURGARTENSICHT
Als Insekt hat dieser Schmetterling im Naturgarten aber seine Daseinsberechtigung. Er gehört als fester Bestandteil in die Nahrungsketten vieler Tiere. Vor allem für Fledermäuse sind solche Nachtfalter wichtige Beutetiere.
Deswegen wird er in einem Naturgarten auch selten zur Plage werden. Und wenn doch, dann nur während der Übergangsphase der Umgestaltung oder an kranken Bäumen.
Beides ist bei uns der Fall. Als wir 2019 hier eingezogen sind, wurde der Garten noch nicht naturnah bewirtschaftet, die Zwetschgenbäume waren aber schon da. Erntefähige Früchte gab es da nicht. Erst jetzt bleiben auch gesunde Zwetschgen für uns übrig. Obwohl wir niemals befallene Exemplare abgepflückt/aufgeharkt und entsorgt haben. Demnach müsste der Befall Jahr für Jahr schlimmer werden. Ist er aber nicht. Er ist weniger geworden. Denn mittlerweile gibt es hier deutlich mehr tierische Bewohner, die sich gegenseitig auffressen und im Gleichgewicht halten.
Was den Pflaumenwicklern den Befall aber erleichtert, sind die kranken, geschwächten Bäume. Diese wurden auf unserem Grundstück nie fachgerecht geschnitten. Durch den Sandboden hatten sie seit jeher im Sommer chronischen Trockenstress und dann auch noch Wühlmäuse an den Wurzeln.
Ich denke, dass diese Punkte wichtiger sind. Ein ordentlich durchgeführter Pflegeschnitt und eine gezielte Bodenverbesserung mit Kompost werden mehr bringen, als das penible Absammeln der Früchte. Zumal die Pflaumenwickler sich nicht an Grundstücksgrenzen halten und von außerhalb rasch wieder einfliegen.
(Der Pflaumenwickler kann sich sogar positiv auf die Ernte auswirken. An sehr stark behangenen Bäumen führt das Herabfallen der wurmstichigen Früchte zu einer Ausdünnung. Dadurch reiben sich die am Baum verbliebenen Früchte weniger aneinander und haben seltener Verletzungen, die von Pilzen besiedelt werden können.)
WAS GENAU IST DIE MONILIA-FRUCHTFÄULE?
Eine andere Sache ist das bei der Monilia-Fruchtfäule. Diese lässt sich nicht einfach durch mehr Artenvielfalt in Grenzen halten.
Der Pilz hat eine Strategie, mit der er sich den Neubefall im Folgejahr erleichtert. Die an Monilia erkrankten Zwetschgen trocknen oft ein und fallen nicht wie die anderen ab. Sie verbleiben als Fruchtmumien den ganzen Winter am Baum. Schon im Frühling erfolgen von hier aus die neuen Infektionen. Auch von den Fruchtresten am Boden verbreitet sich der Pilz weiter.
Hier verursacht die Nähe zwischen dem Sporenreservoir und den gefährdeten Pflanzenteilen eine immer stärkere Verpilzung. Deshalb ist es vernünftig, alle mit Monilia befallenen Zwetschgen vom Baum zu pflücken und vom Boden aufzusammeln und diese zu entsorgen.
Für den Pflaumenwickler ist es allerdings blöd, dass gerade seine Bohrlöcher oftmals die Eintrittspforten für den Pilz darstellen. Deshalb haben viele Zwetschgen mit Wurm auch Monilia. Und obwohl es mir für die Schmetterlinge leid tut, wandern auch diese in die Tonne. Es bleiben noch recht viele übrig, denen dieses Schicksal erspart bleibt.
Noch mal kurz zusammengefasst: Aus meiner Sicht ist es in einem Naturgarten nicht nötig, Insekten, die Schaden anrichten, komplett zu beseitigen. Eine Förderung der natürlichen Gegenspieler und generell der Artenvielfalt verhindert ein Überhandnehmen von Schädlingen. Die Wachstumsbedingungen sollten aber optimiert werden, damit die Nutzpflanzen von sich aus stark sind und sich selbst besser zur Wehr setzen können.
Bei einem Befall mit Monilia sollten Maßnahmen durchgeführt werden, die auch ohne Chemie die Verpilzung reduzieren. Nicht nur bei Zwetschgen und Pflaumen, auch bei Äpfeln und Quitten etc. verringert sich der Befall in den Folgejahren, wenn alle erkrankten Früchte vom Baum und vom Boden entfernt werden.
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